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Christa Lieb – Autorin

Ratgeber

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Geballtes Wissen

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Viele dieser schlauen Bücher füllen die Regalbretter meiner Schreibklause. Dick, dünn, bunt oder blass, von Stephen King bis Elizabeth George, von Lajos Egri bis Natalie Goldberg stehen sie da und erheben ihre imaginären Zeigefinger. Von humorvoll oder ernsthaft bis skuril haben sie alle auf ihre Art und Weise versucht, mich auf den Pfad der (Schreib)Erleuchtung zu bringen.

Irgendwann, als ich das Gefühl hatte, jeden Tipp bzw. Ratschlag schon mehrmals gelesen zu haben, beschloss ich, ab sofort keines dieser Bücher mehr zu erwerben.

Ich habe die Rechnung ohne Mister Zweifel, meinen pedantischen und äußerst humorlosen Untermieter gemacht. Er hat sich – wie schon so oft – dazu entschlossen, nachts durch meine Gehirnwindungen zu kriechen; immer mit dem Ziel, mir nicht nur den Schlaf, sondern auch das Vertrauen in meinen Text zu rauben. Lange habe ich mich gegen seine Angriffe gewehrt. Jetzt hat er es geschafft. Ich bin rückfällig geworden. Ein neuer Schreibratgeber erweitert meine Sammlung.

Gierig, wie ein Junkie, habe ich ich mich auf ihn gestürzt und in Windeseile, in der Hoffnung auf Linderung, die Worte verschlungen und bin dabei auf Erstaunliches gestoßen. Ken Follett spornt mich an “Du musst deine Story mit dem Hammer redigieren. Hau drauf und horch, wie sie klingt”. Ich nehme den Kampf auf gegen Adjektivitis, Adverbiale Verstimmung und Bindewortentzündung.

Ich mache mich auf die Suche nach den schnöden und ach so ungeliebten Füllwörtern. Ade geliebtes dann, doch, eben, fast, irgendwie, kaum, mal, nie, nun, nur, sehr, selbst, so, sonst, stets, trotzdem, vieleicht, wohl … All diese Wörter fallen nun gnadenlos meinem Stabilo zum Opfer. Ihr Wehklagen kann mich nicht erweichen auf der Suche nach dem perfekten Text.

Während Lady Muse erschüttert die Hände vors Gesicht schlägt, lehnt Mister Zweifel lässig am Regal mit den Ratgebern und grinst triumphierend.

Ehe mein Text auf ein Fragment unverständlicher, aus dem Zusammenhang gerissener Wörter schrumpft, finde ich im Schlusswort zum Glück Erlösung: “Fangen Sie um himmelswillen nicht an, jedes Adjektiv und sämtliche Adverbien zu killen, Konjuktionen zu entfernen, sämtliche sah, hörte, fühlte, spürte zu ersetzen und alle konnte, war und wurde auszumerzen. Denken Sie daran: Die Dosis macht das Gift.” lese ich da.

Ich atme auf. Gerettet! Verstehe einer die Ratgeber.

chrilie

Autor: Christa Lieb

 

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