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Christa Lieb – Autorin

Ballast abwerfen

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Um das Leben meistern zu können, setzen viele ihre ganze Hoffnung auf … Ratgeber. Vermutlich gibt es keinen Bereich, der nicht mehrfach akribisch durchleuchtet, mehrmals gewendet, von innen nach außen gestülpt, argwöhnisch beäugt, unnötig verkompliziert wurde. Ein lukratives Geschäft, aber sind diese »Lebenshilfen« auch sinnvoll? Wohl eher selten. Ich wage mal eine steile These: 90 % sind überflüssig wie peinliche Werbespots. Für mich jedenfalls. Es interessiert mich wenig bis gar nicht, ob links- oder rechtsdrehendes Wasser besser ist, ob es Sinn macht, sich bestimmte Kräuter oder Heilsteine unter das Kopfkissen zu legen, nach Mondphasen zu verhüten oder Rheuma mit einem Brennnesselbad zu heilen.

Und doch gehörte auch ich vor nicht allzu langer Zeit zu diesen Ratgeber-Junkies. Meine Droge waren Schreibratgeber. Man weiß ja nie, ob ihre Lektüre nicht vielleicht doch zu schnellerem Erfolg führt, war jedesmal mein Antrieb. Nach und nach haben sie immer mehr Raum in meinem Bücherregal eingenommen; mit mäßigem Ergebnis. Das hat mich schon vor einer Weile ins Grübeln gebracht.

Nun packt mich hin und wieder der unwiderstehliche Drang, mich von unnötigem Ballast zu befreien. Vieles was mir einmal wichtig war, ist diesem Drang schon zum Opfer gefallen. In dieser Woche war es gut die Hälfte meiner Schreibratgeber.  Ab zum Altpapier. Einfach so. All die schlauen Bücher, die mir vermitteln sollten, was ich tun muss, um eine richtige Autorin zu sein/werden.

Zum Beispiel »Schreiben im Café« … ein gern gelesener Bestseller in der Schreibszene. Eine faszinierende Idee und eine verlockende Vorstellung: Ich sitze in einem unserer Cafés am Marktplatz, vor mir mein Laptop und – nicht zu vergessen – eine Tasse Cappuccino; garniert mit inspirierender Musik aus dem Off. All das und die verstohlenen Blicke der anderen Gäste geben mir endlich das tolle Gefühl, eine richtige Schriftstellerin zu sein.

Bei genauerem Hinsehen entpuppt sich diese Vorstellung als aberwitziger Gedanke (für mich). Ausgerechnet ich schreibend in einem Café. Dabei igele ich mich beim Schreiben ein, brauche die Stille, reagiere auf Störungen missmutig bis ungehalten. Was soll ich also mit einem derartigen Ratschlag anfangen?

Ich könnte jetzt der Reihe nach auflisten, warum genau ich welchen Ratgeber entsorgt habe. Die Zeit und den Aufwand spare ich mir. Ich habe Besseres zu tun (wie ein sehr gescheiter Mann vor Kurzem knapp und bündig feststellte). Eines will ich aber anmerken: Sie alle haben mich letztendlich blockiert, mich an mir zweifeln lassen, mich in die Irre geführt, mich mit nicht nachvollziehbaren Thesen genervt, waren in erster Linie Nahrung für meinen Untermieter, Mister Zweifel.

Jene, die diesmal der Tonne entkommen sind, werde ich mir nach und nach mal wieder ansehen; kritisch hinterfragen, worin ihr Nutzen für mich liegt und welche Empfindungen sie bei mir auslösen. Gut möglich, dass sie den anderen Exemplaren folgen werden.

Vielleicht schlagen jetzt einige konsterniert die Hände über dem Kopf zusammen oder schütteln selbigen heftig, halten mich für anmaßend. Nein, das bin ich ganz sicher nicht. Mir wurden meine Grenzen schon (viel zu) oft deutlich aufgezeigt. Ich nenne es gesunden Menschenverstand. Und für den brauche ich keine Ratgeber, die im Regal Staub ansetzen und mir nur selten weiterhelfen.

Christa Lieb ©

Autor: Christa Lieb

 

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