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Christa Lieb – Autorin

Wenn einer eine Reise tut …

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Diesmal gibt es hier keine erfundene Geschichte sondern einen realen Reisebericht.

Bahnfahrt 10.07.2018, München – Aschaffenburg, geplant 12:50 Uhr

Ich bin begeisterte Zugfahrerin, habe eine BahnCard, genieße es 1. Klasse im ICE in gut 2 1/2 Stunden von Aschaffenburg nach München zu fahren. Das schafft kein »normaler« Autofahrer. Zudem mit einer Beinfreiheit, von der Fluggäste jeglicher Airlines nur träumen dürfen.

Die ewigen Nörgeleien über die Pannen-Bahn haben mich bisher immer genervt. Doch jetzt kann ich mitreden. Jetzt habe ich »endlich« mein eigenes Desaster.

Der Reihe nach. Die Hinfahrt am Samstagmorgen verlief reibungslos und gediegen. Ankunft sechs Minuten vor der regulären Zeit. Da soll noch mal einer was gegen die Bahn sagen, dachte ich … Bis zur Rückfahrt.

Wir kommen guter Dinge im Hbf. an, besuchen die DB-Lounge, beschaffen uns Reiseproviant und sehen auf dem Weg zum Bahnsteig den Hinweis »Der ICE hat voraussichtlich 15 Minuten Verspätung (so what) … Die Wagen 31 – 39 entfallen.«
Wie bitte? Die Wagen 31 – 39 entfallen? Wir haben ein Abteil in Wagen 38 gebucht. Und jetzt?

Am Informationsschalter bildet sich sofort eine lange Schlange. Wir mittendrin. Auskunft des netten Bahnmitarbeiters: »Die Anzeige ist falsch.« Zufrieden und erleichtert machen wir uns auf den Weg. Mittlerweile wird eine Verspätung von 40 Minuten angezeigt. Macht nix. Hauptsache die Plätze sind sicher. Dann schreckt uns eine Durchsage wieder auf. »Heute verkehrt nur eine Kurzversion. Die Wagen 31 – 39 entfallen.« Auf dem Bahnsteig bricht Unruhe aus. Nur der »halbe« Zug … Das heißt, die Hälfte der Reisenden hat keinen festen Platz. Auf dem erneuten Weg zur Information überrascht uns die Durchsage: »Bitte beachten Sie, dass die Wagen 21 – 29 fehlen.« Also ist unsere Reservierung jetzt wieder in trockenen Tüchern. Um das Chaos perfekt zu machen, folgen noch diverse widersprüchliche Ansagen über geänderte Wagenpositionen.

Auf dem Bahnsteig geht es zu wie auf einem Jahrmarkt. Die Menschenmenge wogt hin und her. Erste Kinder weinen, Männer reden aufgeregt in ihre Smartphones, ältere Semester wirken ratlos bis verzweifelt.

Nach 50 Minuten kommt der Zug; an den Türen bilden sich Menschentrauben. In »unserem« Abteil hat sich inzwischen ein Anzugträger platziert, dem ich energisch klarmache, dass das gesamte Abteil reserviert ist. Nach einem kurzen Einwand seinerseits und einer passenden Antwort meinerseits räumt er das Feld. Nach weiteren 15 Minuten, in denen wir hoffen, dass der Zug auch wirklich losfährt, endlich der Pfiff und ab geht’s. Erleichterung, auch wenn wir schnell merken, dass die Klimaanlage nicht funktioniert.

Das sollte es aber noch nicht gewesen sein. Höhe Würzburg werden wir von einem ohrenbetäubenden Zischen aus unserer Gemütlichkeit gerissen. Aufregung. Tochter rennt los, Enkelin beginnt zu weinen, der Mann legt endlich sein Smartphone beiseite und verlangt nach dem Zugpersonal.

Drei wirklich nette Damen bemühen sich. Sie versuchen reihum eine Schraube an der Deckenverkleidung zu lösen. Das scheitert wegen fehlender Armlänge. Mann greift helfend ein. Die Deckenverkleidung löst sich. Zum Vorschein kommt ein dunkles Etwas. Eine der Damen telefoniert. Heraus kommt, dass vermutlich ein gerissener Schlauch an der Klimaanlage dieses fiese Geräusch verursacht. »Da können wir nichts machen. Das müssen wir jetzt bis Köln ertragen. Tut uns leid.«

Uns auch. Wir hatten ein Ruheabteil gebucht und bezahlt und keinen Sitzplatz in einem Düsenjet. Das »Pst« an der Abteiltür kommt uns wie Hohn vor. Drei Familienmitglieder nehmen Reißaus, ich halte mit zugestöpselten Ohren die Stellung bis Aschaffenburg; tröste mich mit der 25%igen Entschädigung, die ab 60 Minuten Verspätung fällig wird.

Und dann kommt der verdammte Zug fünf Minuten VOR diesem Limit in Aschaffenburg an.

Fazit: Mit einem unterirdischen Krisenmanagement und veraltetem Equipment wird sich die Bahn auf Dauer keine neuen Freunde schaffen.

Ich persönlich werde weiterhin längere Strecken per Bahn zurücklegen und hoffe darauf, dass ich mit den geschilderten Vorkommnissen für alle künftigen Fahrten sämtliche Pannen »abgearbeitet« habe.

Christa Lieb ©

Autor: Christa Lieb

 

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